Antrag auf der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes Hildesheim
der Partei Die Linke am 15, Juli 2023

Internationaler Tag der älteren Menschen
Der Kreisverband unterstützt die Aktionen der BAG Senior*innen-Politik und der LAG Senior*innen-Politik Niedersachsen zum Tag des älteren Menschen und wird Ende September/Anfang Oktober eigene Aktionen im Landkreis durchführen, die zeitlich abgestimmt sein müssen mit den Aktionen der BAG und LAG. Die älteren Menschen sind eine der größten diskriminierten Minderheiten in
unserer Gesellschaft. Betroffen sind zwar nicht alle Älteren gleichermaßen. Aber es gibt Gruppen wie
alte Arme, ältere abhängig Beschäftige, ältere Arbeitslose, pflegende Angehörige, ältere Kranke und
Pflegebedürftige, die besonders diskriminiert sind.

Begründung
Die Altersdiskriminierung beginnt schon bei den 50jährigen. Ältere Menschen, die abhängig
beschäftigt sind, haben häufig im Betrieb weniger Chancen bei der Weiterbildung und werden
seltener eingestellt. Ältere Arbeitslose haben in vielen Berufen kaum noch Chancen auf dem
Arbeitsmarkt, was später zu geringeren Renten führt.
Der Anteil armer älterer und alter Menschen wächst. Wir sind mit dieser Gruppe solidarisch. Ihre
finanzielle Situation muss verbessert werden. Armut führt häufig auch zu sozialer Ausgrenzung. Der
Besuch von Gaststätten und Cafés, Urlaub, Geburtstagsgeschenke, wenn man eingeladen wird, die
Versorgung von Haustieren und vieles andere kann man sich nicht mehr oder nur noch schwer
leisten. Vielleicht muss man auch für sein Essen an der Tafel Schlange stehen, was von einigen als
diskriminierend empfunden wird.
Mit zunehmendem Alter wird der Anteil chronisch Kranker und Behinderter größer. Aber unser
Gesundheitssystem ist schlecht darauf vorbereitet. Aufgrund der Fallpauschalen verkürzt sich die
Aufenthaltsdauer in Kliniken. Das kann bedeuten, dass man vorzeitig entlassen wird, auch wenn man
noch krank und schwach. Für den Ehepartner führt dass zu Belastungen, wenn man, zum Beispiel als
Witwe, allein ist, kann man in die Kurzzeitpflege abgeschoben werden. Dort ist die Situation häufig
aber auch nicht gut. Geriatrische Rehabilitation zur Vorbeugung schwerer Pflegebedürftigkeit ist
Mangelware. Behinderungen im Alter können dazu führen, dass man auf den Rollstuhl angewiesen
ist oder wegen Sehschwäche nicht mehr Autofahren kann. Dann ist man auf Barrierefreiheit und den
öffentlichen Nahverkehr besonders angewiesen, um Kinder und Enkelkinder zu besuchen, zu
Behörden oder zum Facharzt zu fahren.
Ältere und alte Menschen stehen häufig vor der Aufgabe, einen Ehepartner oder ein Elternteil zu
pflegen. Das kann zu körperlichen und psychischen Belastungen führen. Wenn man den
Pflegebedürftigen nicht lange allein lassen will, kann das auch soziale Isolation bedeuten.
Viele ältere und alte Frauen, aber auch Männer, verlieren ihren Partner. Damit ändern, manchmal
nach langjähriger Beziehung, die Lebensweise und die sozialen Beziehungen. Das bedeutet Trauer
und dann das Zurechtkommen in der neuen Situation. Nicht wenig Betroffene fühlen sich einsam.
Seit vielen Jahren gibt es Notstände in der ambulanten und stationären Pflege. Pflegeheime werden
zu Endstationen des Lebens, in denen man nur verwahrt wird. Das Personal ist überlastet und
wechselt häufig. „Gefährliche Pflege“ und soziale Isolation sind nicht selten. Durch schlechte Pflege
können die Heime ihre Gewinne steigern Man muss feststellen, dass ein schlechter Personalschlüssel
ein ganz wesentlicher Faktor im Hinblick auf schlechte Pflege ist. Gespart wird am Essen und am
Personal.

  • „Gute Pflege – wenig Gewinn
  • Schlechte Pflege viel Gewinn“
    (vgl. Rieger 2017)

Gewinne werden auf Kosten pflegebedürftiger Menschen gemacht und der Personalkräfte, denen
eine gerechte Bezahlung verweigert wird. Öffnet die Heime für mehr Außenkontakte!
Wir fordert mehr Personal in den Altenpflegeheimen. Das Pflegepersonal muss auch die Zeit haben
für Gespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohner über private Themen. Das gilt besonders für
Bewohnerinnen und Bewohner, die aufgrund schwerer Krankheiten voraussichtlich bald sterben
werden. Im Vergleich zu den Hospizen ist das Sterben in Pflegeheimen ein Sterben zweiter Klasse.
Wir alle können in die Situation geraten, abhängig von Pflege zu werden. Von der Rente bleibt dann
in den meisten Fällen nichts oder nicht viel übrig. Das „Taschengeld“ beträgt dann gerade mal 135,54
€ für den persönlichen Bedarf und Pflege.
Ambulante Pflege zu fördern ist wichtig. Aber die Frage ist, wie günstige Bedingungen dafür
geschaffen werden. Nicht immer können Angehörige die Pflegebedürftigen pflegen oder zumindest
ausreichend unterstützen. Beispiel: Ein alter Mann ist pflegebedürftig und lebt in seiner Wohnung Die
Tochter wohnte in einer entfernten Stadt und konnte nur jedes zweite Wochenende kommen.
Angehörigen-Pflege kann die Pflegenden zu erheblichen körperlichen und psychischen Belastungen
führen. Hier werden die Pflegenden zu wenig unterstützt.
Die Aktionen werden um den 5. Oktober stattfinden. Niedersachsen ist ein Flächenland. Daher wäre
es gut, wenn es Aktionen in mehreren Städten gibt. Wer mitmachen will, sollte sich melden und
vielleicht auch Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft werden. Die Einladung gilt auch für
Menschen im mittleren Alter und für Jüngere.

Literaturhinweise
Rieger, Armin (2017) Der Pflegeaufstand. Ein Heimleiter entlarvt unser krankes System, München, Ludwig
Verlag
Ohlerth, Eva und Wittig Frank (2019), Albtraum Pflegeheim. Eine Altenpflegerin gibt Einblick in skandalöse
Zustände, München, Riva Verlag

Antragsteller: Rita Krüger, Hermann Müller
Beschlossen am 15. Juli 2023